Nachrichten

22. August 2010 | Rund ums Urheiligtum | 

Wenn Gott zu einem sagt: „Ich weiß…“


Hinhören: Torsten Hartung bei der Nacht des Heiligtums, 21. Augustmkf. Er war schon am Freitagabend während der Eröffnung der Nacht des Heiligtums gekommen und hatte sich zusammen mit seiner Frau unter die Jugendlichen gemischt: Torsten Hartung, ehemaliger Chef einer Autoschieberbande, verurteilter Mörder, ehemaliger Häftling, von Gott persönlich berührt und zum Glauben geführt... Beim „Glaubensfest" in Dietershausen hatte er letztes Jahr seine Geschichte erzählt, jetzt war er nach Schönstatt gekommen, um bei der Nacht des Heiligtums vor Hunderten von Jugendlichen davon zu erzählen, dass kein Leben zu kaputt und verpfuscht sein kann, dass Gott daraus nicht Großes, nicht Berufung , nicht Glück machen kann.

Zuhörer

Man spürt, dass viel Reflexion und viel Vorsehungsglaube dahinter steckt, wenn Torsten Hartung - ein auf den ersten Blick sympathischer, schlichter, intelligenter Mann Ende vierzig, wie er einem an jeder Straßenecke begegnen könnte - seinen Weg vom Opfer zum Täter, vom Bekehrten zum Mitarbeiter Gottes erzählt, überzeugt und werbend um Vertrauen auf diesen Gott, der einen ernst nimmt und auf den man sich noch viel radikaler einlassen müsste, um ihn in seiner ganzen verschwenderischen Liebe zu erleben. Er könne maximal fünf Minuten über Wetter oder Politik reden, danach sei er wieder beim Erzählen von Gott, sagt er, und man nimmt es ihm ab. Sein Zeugnis hat etwas von der Frische und missionarischen Unbekümmertheit des Urchristentums.

Vom Opfer zum Täter

Torsten HartungAngefangen hat sein Leben, so beginnt Torsten Hartung, wie die Karriere so vieler jugendlicher Gewalttäter - als Opfer gewalttätiger Eltern, die selbst wohl auch einmal Opfer waren. Seine Eltern sind Atheisten, er selbst hört nie etwas von Gott. Drastisch berichtet er von Schlüsselerlebnissen, die Urvertrauen und den Sinn für Gerechtigkeit haben zerbrechen lassen: Schläge, Selbstmorddrohungen, Lügen und Schuldzuweisungen der Eltern. Irgendwann wird das verzweifelt um Beachtung ringende Kind vom Pausenclown zum Schläger, fühlt sich nur lebendig, wenn er schlägt oder geschlagen wird. Die Beziehung zu seiner Freundin zerbricht an der Unfähigkeit, Beziehungen zu leben. Es folgen erste Gefängnisaufenthalte, dann der Kontakt mit der Russenmafia, eine Karriere als Chef einer Autoschieberbande. Der Schritt in die Kriminalität geschieht bewusst, die Türen der Welt öffnen sich. In Russland erschießt er einen Komplizen, der ihm die Rolle als Leiter streitig macht. Er hat den selben Vornamen wie sein Vater.

Der Zettel mit dem einen Wunsch: ein Leben im Glück

Beim Vortrag - Torsten Hartung„Ich wünsche mir ein Leben in Glück" schreibt er auf einen Zettel. Es ist im Kloster San Salvador in Spanien, das er mit seiner Freundin auf einer Rundreise besucht, aus kunsthistorischem Interesse. Er stolpert über die Gebetserhörungen, die dort ausgestellt sind, und a la „Wünsch dir was" schreibt er auch einen Wunsch auf, einen einzigen. Kurz darauf wird er verhaftet. Im Gefängnis beginnt er, Tagebuch zu führen, zeichnet seinen Weg nach vom Opfer zum Täter, kommt zu dem Schluss: „Ich bin in meiner Lebensgeschichte keinem bösartigeren Menschen begegnet als mir selbst." Ein Jesusfilm an Ostern rührt etwas an... Ein unauffälliges Erlebnis mit dem Kreuz einige Wochen später bringt ihn dazu, zum ersten Mal mit Gott zu sprechen - mit dem Gott, von dem er nicht einmal weiß, ob es ihn gibt: „Gott, ich weiß nicht, ob es dich gibt, aber wenn es dich gibt, gib mir ein neues Leben." Und er beginnt, Gott um Vergebung zu bitten.

Man kann eine Stecknadel fallen hören, so still ist es in dem riesigen Festzelt, als Hartung dann von seiner unmittelbaren Gotteserfahrung erzählt, vom Wahrnehmen einer Stimme voller Barmherzigkeit, Vergebung, Liebe, Geborgenheit: „Ich weiß". Da ist mein Weltbild zusammengebrochen, erzählt er. Von da an gehörte die vorher unbekannte Komponente Gott zu meinem Leben. Die Mithäftlinge wundern sich, warum er von innen her strahlt - so wie er auch jetzt strahlt, als er davon erzählt.

Taufname Petrus

ZuhörerZwei Jahre, weitere Berührungen durch Gott, intensives Bibelstudium und Katechumenat später, lässt er sich taufen - sein Taufname ist Petrus. Er entscheidet sich für den katholischen Glauben, weil er in der Kirchengeschichte den roten Faden von Petrus zu Johannes Paul II entdeckt. Im gleichen Jahr weiht er sich der Gottesmutter mit der Bitte, ihm eine Mutter zu sein, wie er selbst nie eine hatte. Tosender Applaus begleitet seine Worte: „Und ich kann euch nur sagen, die ist wunderbar!" Seit seiner Entlassung vor drei Jahren arbeitet er in der Gefängnispastoral: „Ich darf Wunder sehen." Mit seiner Frau, die er auf Vorsehungs- Weise in Korea kennen gelernt hat, baut er gerade ein Nachsorgehaus für entlassene jugendliche Straftäter auf.

Der Zettel, zwei

Fragen aus dem PublikumUnd der Zettel aus dem Kloster San Salvador? „Der Zettel erfüllt sich jeden Tag. Ich führe ein Leben im Glück. Glaubt es, Gott nimmt uns ernst." Der Applaus und die Fragen, die sich aus dem Publikum anschließen, zeigen, dass das Zeugnis getroffen hat. Wie ist das mit dem roten Faden in deinem Leben? Hartung erzählt, wie er seine Frau kennen gelernt hat. Die Erstbegegnung mit Gott ist außergewöhnlich, der Weg danach, das immer neue Fragen nach dem nächsten Schritt, nach dem, was er tun soll, nach dem, was Gott einem mit konkreten Erfahrungen und Begegnungen sagen will, gleicht verblüffend dem Kentenich-Weg des aktiven Vorsehungsglaubens. Kann man zwanzig Jahre Gefängnis und eine solche Kindheit und Jugend ganz allein verarbeiten, können solche Verletzungen heilen? Ja, sagt er. Es gab eine erste Hilfe durch eine Therapie, die den Weg gezeigt hat, wie man sich selbst Fragen stellt nach den Schlüsselpunkten im Leben. Aber die Heilung kam von dem, der als Heiland in die Welt gekommen ist. „Jesus ist der beste Therapeut. Er ist der Heiland, er ist ja gekommen für die kranken Seelen." Der springende Punkt: wie radikal verlasse ich mich auf ihn? „Wenn ich glaube, dass Gott allmächtig ist, ist mein Leben sorglos", so Torsten Hartung, und er fügt an: „Sagt doch der Pater Kentenich."

Auftakt für einen gefüllten Tag

Bürgermeister Hahn begrüßt die JugendlichenNach dem Angebot der  heiligen Messe in verschiedenen Heiligtümern und Hauskapellen ist der Vortrag von Torsten Hartung der morgendliche Auftakt zu einem gefüllten Tag - Samstag, 21. August, dessen Inhalte am Beginn kurz vorgestellt wurden: Workshops - der von Torsten Hartung wird überfüllt sein -, kreative und sportliche Angebote sowie Zeit im Urheiligtum und Beichte stehen auf dem Programm, das am Abend mit der Vigil am Urheiligtum dem Höhepunkt der Nacht des Heiligtums entgegengeht.

Zu Beginn hatte der Vallendarer Stadtbürgermeister Günther Hahn die Jugendlichen begrüßt und ihnen eine gute Zeit gewünscht. Die Jugendlichen ihrerseits dankten ihm für alle Unterstützung bei der Vorbereitung und Gestaltung dieser Nacht des Heiligtums.

Vortrag von Torsten Hartung, 21. August

Mehr

Video (Zusammenschnitt)

Audio: Vortrag von Torsten Hartung (komplett)

Audio: Fragen an Torsten Hartung (komplett)

Fotoalbum Nacht des Heiligtums


Top