Katholikentag

30. Mai 2012 | Katholikentag | 

P. Dr. Lothar Penners: "Die große Ressource der Kirche in der Gegenwart und Zukunft sind die Laien"


Schlussgottesdienst des Katholikentages in Mannheim (Foto: Brehm)

Schlussgottesdienst des Katholikentages in Mannheim (Foto: Brehm)

Hbre. Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken in Deutschland, ZdK, hat am Ende des Schlussgottesdienstes des Katholikentages in Mannheim von einem großen Fest des Glaubens gesprochen, das zu Ende gehe. Er dankte allen, die in der Vorbereitung und Durchführung geholfen haben. „Wir haben eine lebendige, glaubensstarke und vitale Kirche“, sagte er unter dem Beifall der Gottesdienstteilnehmer. Es sei für ihn eine beglückende Erfahrung gewesen, auf der Kirchenmeile die Vielfalt und das Engagement so vieler kirchlicher Gemeinschaften, Verbände und Organisationen zu erleben, die für den Reichtum der Kirche stehe. Das ZdK setze auf Dialog und erwarte den Dialog „und Ergebnisse.“ Das hörende Herz, wie es der Heilige Vater den Politikern im Bundestag nahegelegt habe, sei wichtig für die Gesprächskultur und es sei der Weg zu den Menschen. „Auf diesem Weg könne Kirche wieder anziehender werden“, resümierte Glück seine Erfahrung des Katholikentages. Auch die Schönstattbewegung war auf der Kirchenmeile und mit verschiedenen Programmpunkten auf dem Katholikentag beteiligt. www.schoenstatt.de konnte den Leiter der Schönstattbewegung in Deutschland, P. Dr. Lothar Penners, im folgenden Interview nach seinen Eindrücken vom 98. Deutschen Katholikentag fragen. Dass auf dem Katholikentag die Chancen und Möglichkeiten der geistlichen Aufbrüche nach dem Konzil noch zu wenig im Blick sind, betonte Penners ebenso wie die Tatsache, dass das besondere Charisma der Laien, als Ressource für die Kirche in der Gegenwart und Zukunft, unabdingbar sei.

schoenstatt.de Herr Pater Penners, Sie waren Teilnehmer und Mitwirkender beim vom Zentralkomitee der Katholiken in Deutschland, ZdK, veranstalteten Katholikentag in Mannheim. Wie haben Sie dieses große Christentreffen erlebt?

Penners Nun, sehr vielfältig: Als Glaubensfest von verschiedenen Generationen; als einen schier übervoll wirkenden Markt der Möglichkeiten hinsichtlich des Programm-Angebots; aber auch gerade in seinem typisch Mannheimer Kolorit: dem durchschimmernden Multikulti-Gepräge der Stadt. Optisch gesehen bleiben mir vor allen Dingen die Gegensätze zwischen dem vornehm wirkenden und großzügig ausgestatteten „Kongresszentrum Rosengarten“ beim Wasserturm und den über verschiedene Plätze der Stadt verteilten Zelt-„Siedlungen“ der Diözesen, Bewegungen und Verbände der nationalen und internationalen Initiativen der Kirche. Es bleibt mir auch der Gegensatz zwischen den großen Gottesdiensten zu Beginn und am Ende auf dem Paradeplatz der großen Schlossanlage und dem bunten Treiben in der Innenstadt.

Hannelore Spannagel, Schönstattbewegung Frauen und Mütter im Erzbistum Freiburg, vertritt mit einem Pilgerstab die Schönstattbewegung beim Einzug des Abschlussgottesdienstes (Foto: Brehm)

Hannelore Spannagel, Schönstattbewegung Frauen und Mütter im Erzbistum Freiburg, vertritt mit einem Pilgerstab die Schönstattbewegung beim Einzug des Abschlussgottesdienstes (Foto: Brehm)

schoenstatt.de Der Katholikentag stand unter dem Thema: „Einen neuen Aufbruch wagen“. Welche Aufbrüche konnten Sie aus Ihrer Sicht wahrnehmen?

Penners Ich weiß nicht, ob man ohne Weiteres von den Aufbrüchen sprechen kann. Aber es gibt, denke ich, so etwas wie ein Aufbruchsklima mit einem gewissen Gefälle. Eine durchgehende Bereitschaft, einen Weg in die Zukunft zu suchen und zu gehen; eine Bereitschaft zu Konstruktivität und Solidarität – in aller Unterschiedlichkeit der verschiedenen Mentalitäten. Der Wunsch, anzuknüpfen an Ereignis und weiterer Realisierung des Zweiten Vatikanischen Konzils; in weiten Teilen verbunden mit der Sehnsucht und dem deutlichem Wunsch nach Veränderung in drängenden Fragen im Rahmen des begonnenen Dialogprozesses, den die Bischöfe im Krisenjahr 2010 angestoßen haben. Wenn eine große liberale Tageszeitung titelt: „Der Aufbruch ist ausgebrochen“, ist damit sicher gerade auch der Wunsch nach Veränderung angesprochen.

schoenstatt.de In einer Zeit, in der sich die katholische Kirche mitten in einer richtigen Krise befindet, wurden von vielen Katholikentagsteilnehmern, auch mit Berufung auf das zweite Vatikanische Konzil, das vor 50 Jahren eröffnet wurde, Reformen gefordert. Wo sehen Sie Handlungsbedarf in der katholischen Kirche?

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken in Deutschland, ZdK, bei seinem Schlusswort (Foto: Brehm)

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken in Deutschland, ZdK, bei seinem Schlusswort (Foto: Brehm)

Penners Sicher bedürfen die immer wieder gestellten Fragen nach der Teilhabe der Frau am geistlichen Amt, der Geschiedenenpastoral und der Mitverantwortung aller Getauften in der Kirche der Behandlung und einer - so Gott will - gelingenden Konsensbildung. Aber es gibt auch so etwas wie dringenden Handlungsbedarf in Feldern, welche nicht so ohne Weiteres an der Oberfläche liegen. Ich denke an die landesweit vorhandene Frage im Hinblick auf die entstehenden pastoralen Großräume, Großgemeinden in den Bistümern Deutschlands. Hier, so meine ich, ist die Antwort zu suchen in einer verstärkt einsetzenden Gemeindebildung von unten.

Was auf dem Katholikentag insgesamt stärker hätte in den Blick kommen können - das ist mir vor allem aufgefallen in der vom Zentralkomitee angebotenen Gala-Veranstaltung zur Erinnerung und Wiedererweckung des Zweiten Vatikanischen Konzils – sind die Chancen und Möglichkeiten der geistlichen Aufbrüche, die ja gerade durch das Konzil in ihrer Entwicklung befördert wurden. Bis auf eine eher verhaltene Andeutung in der Stellungnahme des ehemaligen bayrischen Kultusministers, Hans Maier, war nicht die Rede von dem weltweiten Aufbruch zahlreicher geistlicher Initiativen, Bewegungen und Gemeinschaften. Eher präsent war das immer wieder anklingende Bedauern über noch nicht realisierte Impulse von Konzil und Würzburger Synode. Auch für die deutsche Kirche sind Lebensquellen wichtiger als die Lösung von Strukturfragen!

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (Foto: Brehm) Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (Foto: Brehm)

schoenstatt.de Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, der schon vor dem Papstbesuch für sein Eintreten für eine „Pastoral der Barmherzigkeit“ im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen aus gewissen Richtungen attackiert wurde, obwohl er ja nicht die Unauflöslichkeit des Sakramentes der Ehe infrage gestellt hat, vertrat diese Position auch bei diesem Katholikentag. Wie kann die deutsche Schönstattbewegung in dieser Frage mithelfen „einen neuen Aufbruch zu wagen“?

Penners Nun, zunächst gilt es, hervorzuheben, dass wir als Bewegung in Grundsatzfragen keine Spezialausrichtungen verfolgen zwischen „rechts und links“, sondern wir sind am Zustandekommen einer gesamtkirchlichen Konsensbildung interessiert. Aber ich denke, wir könnten und sollten mithelfen, dass aus der unverkürzten Botschaft des Evangeliums auf der einen Seite und der gesamtkirchlichen Erfahrung, etwa auch in West- und Ostkirche, Lösungsmöglichkeiten gesucht werden, welche das Ideal der Unauflöslichkeit der Ehe unverkürzt zum Leuchten bringen, aber auch der faktischen Begrenztheit des Menschen Rechnung tragen.

Stand der Schönstattbewegung auf der Kirchenmeile (Foto: Brehm)

Stand der Schönstattbewegung auf der Kirchenmeile (Foto: Brehm)

schoenstatt.de Die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche gehört zu den heißen Eisen des Dialogprozesses und stand auch beim Katholikentag im Fokus des Interesses. Gibt es aus den Erfahrungen der Schönstattbewegung gangbare Wege, um in dieser Frage weiterzukommen?

Penners Ja, ich denke, dass im Raum der Schönstattbewegung sowohl Erfahrungen wie strukturelle Lösungen vorliegen, welche wir einbringen sollten ins Gespräch. Im Raum der Bewegung hat es ja mehr gegeben als lediglich die Möglichkeit einer freien Solidarisierung der Frau. Wir haben so etwas wie eine durchgehende Doppelspitze in unseren Gliederungen und Gemeinschaften, die sich nicht nur in der Repräsentanz, sondern auch in der Leitung und Inspiration auswirken und dies nicht nur in Gliedgemeinschaften der Bewegung, sondern auch in den verantwortlichen Gremien. Hier liegt insgesamt ein Mehr an Gestaltungsmöglichkeit und tatsächlich gegebener Gestaltungskraft sowohl der Laien im Allgemeinen wie der Frau im Besonderen, welche in den Diözesen und im Leitungsbereich der Gesamtkirche so noch nicht gegeben ist.

Frau Dr. Daniela Mohr-Braun hat auf dem Podium „Aufbruch braucht Miteinander! Laien und Priester – Charismen und Strukturen“, das von der Fokolar Bewegung und der Schönstattbewegung gemeinsam vorbereitet wurde, geäußert: Wenn Maria die First Lady in der Kirche ist, sollten Frauen von keinen Entscheidungsprozessen in der Kirche ausgeschlossen sein – und zwar auf allen Ebenen. Ich denke, dass sich hier die Erfahrung der Referentin in der Schönstattbewegung niedergeschlagen hat. Die Beteiligung an Entscheidungsprozessen schließt natürlich nicht ohne Weiteres die Beteiligung der Frau am sakramentalen Ordo ein; aber sie entschärft die Frage, ohne sie zu bagatellisieren.

Aufbruch braucht Miteinander! Podium auf dem Katholikentag zum Thema Laien und Priester – Charismen und Strukturen (Foto: Brehm)

Aufbruch braucht Miteinander! Podium auf dem Katholikentag zum Thema Laien und Priester - Charismen und Strukturen (Foto: Brehm)

schoenstatt.de Frau Mohr-Braun hat in dem von Ihnen angesprochenen Podiumsgespräch auch darauf hingewiesen, dass Priester und Bischöfe heute besonders der absichtslosen Bereitschaft zu echter Solidarität der Laien bedürften. Andererseits bräuchten die Laien eine grundlegende Wertschätzung, eine selbstverständliche Anerkennung, das Zutrauen und die Zumutung eines mündigen Christseins und Apostolatsengagements durch die geweihten Amtsträger. Ist das die Art Aufbruch, den die Schönstattbewegung unterstützen möchte?

Penners Ganz zweifellos. Die große Ressource der Kirche in der Gegenwart und Zukunft sind die Laien sowohl in ihrer sakramentalen Befähigung wie auch im Sinne ihrer ureigenen Charismen. Das ist keinesfalls nur gemeint im Sinne der Respektierung aller Glieder Christi. Sowohl für die innerkirchliche Situation wie auch für die Sendung der Kirche in die Gesellschaft hinein, ist das besondere Charisma der Laien unabdingbar. Die Vernetzung der Großräume wie auch die Vernetzung in den Kulturbereichen ist primär eine Sache der Laien.

Theresia Strunk im Gespräch mit dem Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert beim Mittagsgebet (Foto: Brehm)

Theresia Strunk im Gespräch mit dem Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert beim Mittagsgebet (Foto: Brehm)

schoenstatt.de Die Schönstattbewegung hat sich mit einigen Programmpunkten und einem Info-Zelt und vor allem mit dem Engagement vieler Mitglieder der Bewegung auf dem Katholikentag in Mannheim eingebracht. Sind Sie zufrieden mit diesem Engagement, oder hätten Sie sich noch mehr Initiativen erwartet?

Penners Ein Mehr ist immer denkbar. Aber, ich muss sagen, es hat wenige Katholikentage gegeben, auf denen Schönstatt mit einem so breiten und profilierten Angebot vertreten wurde, sowohl in den kleineren Veranstaltungen wie auch in dem bereits genannten Podium und auch in den beiden Mittagsgebeten mit Zeugnissen von Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert und Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, die jeweils von erfreulich vielen Interessenten besucht waren.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aber allen sehr herzlich danken, welche dieses Engagement der Bewegung ermöglicht haben. Ich denke an das hervorragend gestaltete Infozelt der Bewegung und die vielen Mitglieder der Bewegung, die dort als Ansprechpartner Dienst getan haben. Ich möchte all denen danken, durch deren Einsatz die großen und kleinen Veranstaltungen erst möglich wurden. Und ich möchte auch besonders allen danken, die durch ihr Gebet – nicht nur, aber besonders auch im Mannheimer Schönstatt-Heiligtum – zum Gelingen des Katholikentages und des Engagements der Schönstatt Bewegung beigetragen haben. Eigens erwähnen darf ich in diesem Zusammenhang auch die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen „Schönstatt“ in der Erzdiözese Freiburg und Gesamtschönstatt hierzulande. Insgesamt war „Mannheim“ eine Ermutigung, welche uns weitertragen kann im Mitleben und Mitgehen auf dem Weg unserer Kirche in dieser Etappe.

schoenstatt.de Vielen Dank, Herr Pater Penners, für dieses Gespräch!


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